Element 3
Element 3

Ein Mosaik so bunt wie das Leben

Willi Repke

Der Name Repke sagt in Wiedenbrück jedem etwas. Die Repkes zählen zu den bekanntesten Vertretern der Kunstrichtung Wiedenbrücker Schule, ihre Werke stehen in Museen und Kirchen, sogar eine Straße ist nach ihnen benannt. Aktuell begleitet ein Spross dieser Familie, Willi Repke junior, eine Kunstaktion bei der Gütersloher Vesperkirche. Durchschreitet der Besucher das Hauptportal der Martin-Luther-Kirche, findet er den Stand Repkes gleich rechts unter dem großen Jesusbild. Der Glaskünstler, 65 Jahre alt, hat dort auf einem Tisch eine große Scheibe gelegt und drumherum Schalen mit kleinen Glasteilchen verteilt. Die Teilchen sind in Form und Farbe verschieden, wer möchte, nimmt sich eines und klebt es auf die Scheibe. Inzwischen, nach anderthalb Wochen Vesperkirche, sind mehr als hundert dieser Mosaiksteinchen gelegt, sind zwei Drittel des Glases bedeckt. 

„Es ist spannend zu sehen, wie dieses Werk wächst“, sagt Willi Repke. Auf eine Schablone mit vorgegebenen Linien hatte er verzichtet, lediglich genau in die Mitte hatte er anfangs ein rundes, gelbes Sonnenteilchen platziert -  daran und an alle weiteren Teilchen legen nun die Besucher an. Oft kommt Repke mit den Besuchern ins Gespräch. Manche erzählen ihm, was sie in dem Werk und in der entstehenden Form sehen, andere wiederum wollen von ihm, dem Künstler, wissen, was ihn zu dieser Idee geführt habe.  „Es ist ein Projekt, das die Vielfalt und Buntheit unserer Welt ausdrückt“, sagt Repke. Indem jeder etwas dazulege, symbolisiere die Schale, dass man Teil von etwas großem, gemeinsamem Ganzen sei. „Es ist wie im Leben“, sagt Repke. „Wenn jeder etwas gibt, sei es auch noch so winzig, wird daraus etwas erwachsen.“

Das ganze Farbspektrum findet sich auf der Scheibe wieder. Meistens hat Repke den Eindruck, dass die Besucher mit großer Obacht das nächste Teilchen legen, sie haben sich Gedanken gemacht, welches sie nehmen und wo sie es platzieren. Das Material, es ist Bullseye aus einer Glashütte in Phoenix/USA, hat Repke in Schloß Holte-Stukenbrock besorgt, wo sich – ein Glücksfall für Glaskünstler wie ihn – das größte Farblager Europas mit einer Auswahl von mehr als 900 Farben befindet. Früher war Repke nicht nur Künstler, sondern auch Lehrer an einer Schule für Sehbehinderte und Blinde. Seit 1996 beschäftigt er sich mit dem Werkstoff Glas. Es sei die Gleichzeitigkeit von Leuchtkraft und Transparenz, die ihn daran fasziniere, sagt er.  Man hat ihm Einzelausstellungen ausgerichtet und öffentliche Aufträge erteilt, so kommt es, dass man seinen Werken mitunter im öffentlichen Raum begegnet - die Eingangstüren der Kapelle Sankt Vinzenz und das vierteilige Fenster im Spitzgiebel des Chorraums der Aegidius-Kirche etwa sind von ihm.

Für die Vesperkirche arbeitet Repke ohne Gage. Noch ein paar Tage wird er dem Entstehen des Werkes in der Martin-Luther-Kirche zusehen, dann nimmt er die Scheibe mit und schiebt sie in seinem Wiedenbrücker Atelier bei 830 Grad in den Glasbrennofen. Bei diesem Vorgang lässt er die Teilchen schmelzen, aber nicht ineinander verfließen, danach senkt er das Glasmosaik in einem zweiten Brennvorgang bei 760 Grad in eine Schale ab, damit es deren Form annimmt - fertig. 19 Kilogramm wird das Werk wiegen und einen Durchmesser von 77 Zentimeter umfassen – keinen Zentimeter mehr, sonst würde es nicht durch Repkes Türzarge passen. 

Zum Schlussgottesdienst der Vesperkirche am Sonntag, 9. Februar, wird der Glaskünstler die Schale als ein Gemeinschaftskunstwerk präsentieren – gefüllt mit Weintrauben, damit sich die Besucher davon nehmen dürfen. „Ja, das knüpft an das biblische Motiv des Weinberges an, aber es wird auch ein Symbol für das sein, wofür die Vesperkirche steht. In der Gemeinschaft leben, Geben und Nehmen.“