Magischer Ort: die Wunschkammer

Erinnern sich noch einige ans Suppenregal? An das große Holzregal, deren Fächer 200 Bürger mit Kunstwerken bemalt haben? Jenes, das während der Corona-Jahre nach draußen auf den Vorplatz der Martin-Luther-Kirche gerollt wurde, um dort ansteckungsfrei wenigstens Suppen in Weckgläsern ausgeben zu können? Dieses Regal steht seither trocken in der Kirche – und wurde nun vom Architekten und Vesperkirchen-Mitorganisator Reinhard Michel zu einer „Wunschkammer“ umgestaltet. Michel hat das Regal um Seitenwände, um einen tiefdunklen Vorhang und um ein Dach erweitert.

Ein wenig verwunschen wirkt das alles, und das soll es auch. Wer durch den Vorhang in diese Wunschkammer eintritt, mag sich im Nu verzaubert fühlen. Von der Decke baumeln 325 Wäscheklammern, manche leer, manche mit Zetteln bestückt. In den Regalfächern glimmen kleine LED-Kerzen. Auf einem dreibeinigen Stehtisch liegen Zettel, Stifte, daneben ein schummriges Lämpchen und ein Blatt mit Anleitung, auf dem steht, was zu tun wäre: einen Wunsch aufschreiben. Für sich, für andere, für Gütersloh, für die Welt. „Manche Leute wünschen sich dolle Sachen“, sagt Vanessa Henkelmann, die das Kunstprojekt mitbetreut. Einen Porsche 911, ein neues I-Phone, Glück und Zufriedenheit für die Mama,  Gesundheit für sich und die Verwandten oder einfach nur – wie etwa ein fünfjähriger Junge, „warme Füße“.

Etwa die Hälfte der Wäscheklammern ist inzwischen mit Zetteln bestückt, „da geht also noch was“, sagt Reinhard Michel. Damit sich all die lieben Wünsche hinterher nicht verflüchtigen, hat Michel vor, sie zu sammeln und daraus etwas Schönes zu gestalten, ein Buch vielleicht, womöglich zusammen mit den gemalten Bildern, die im vergangenen Jahr im Laufe der Vesperkirche entstanden. Die Idee dafür hatte Michel gemeinsam mit Angela Hippe vom Künstlerkollektiv „Gützilla“ ersonnen. Mal sehen, was ihnen nun einfällt.